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Im thüringischen Schmalkalden hilft die NHW seit vielen Jahren, eine triste Plattenbausiedlung sukzessive in ein modernes Wohnviertel zu verwandeln. Dabei nutzt sie ihre langjährige Erfahrung in der Stadtentwicklung.

Zwischen 1960 und 1980 entstanden im Schmalkaldener Stadtteil Walperloh 2.100 Wohnungen in der für die ehemalige DDR typischen Fertigbauweise. Obwohl die an einem Hang gelegene Plattenbausiedlung in die Jahre gekommen ist und zahlreiche städtebauliche und architektonische Mängel aufweist, wird der Wohnraum nach wie vor dringend benötigt. So leben in dem 37 Hektar großen Gebiet rund 3.800 Menschen und damit ein Fünftel der gesamten Bevölkerung Schmalkaldens. Da die meisten Wohnungen in keinem guten Zustand sind, werden sie günstig vermietet. „Zu den Mieterinnen und Mietern zählen vor allem alte Menschen und Arbeitslose, aber auch viele Studierende der nahegelegenen Fachhochschule. Das ergab ein integriertes Quartierskonzept, das wir bereits 2014 im Auftrag der Stadt erstellt hatten“, sagt Martin Günther, Leiter des für Thüringen zuständigen Büros der NHW in Weimar. Dabei sei damals auch ein hoher Leerstand deutlich geworden. „Durch den Zuzug von Migrantinnen und Migranten syrischer und ukrainischer Herkunft wurde das Leerstandsproblem inzwischen größtenteils gelöst“, ergänzt Günther.

Erfolgreiche Generierung von Fördermitteln

Seit vielen Jahren ist das Weimarer Büro in dem Schmalkaldener Statdteil aktiv und kümmert sich dort um sämtliche Fördermaßnahmen. „Seit 2015 sind wir im Auftrag der Stadt als Sanierungsmanager und -berater tätig“, informiert die zuständige Projektleiterin Nicole Hermann. 2009 hatte das Team im Auftrag der Wohnungsbaugenossenschaft Schmalkalden eG am Wettbewerb ‚Energetische Sanierung von Großsiedlungen‘ teilgenommen und für seinen Beitrag Bronze erhalten. Das von der Stadt 2014 in Auftrag gegebene energetische Quartierskonzept stellte eine Präzisierung und Fortschreibung des vorherigen Entwurfs dar. „Wir entwickelten damals konkrete Maßnahmenpläne, zu der auch die Einwerbung von Fördermitteln gehörte. Schließlich wurde das Plattenbaugebiet in das Städtebauförderprogramm Soziale Stadt aufgenommen und wir nahmen unsere Tätigkeit als Sanierungsmanager auf“, beschreibt Hermann das Prozedere. Durch die Generierung von Fördergeldern aus dem Bund-Länder-Programm ‚Stadtumbau-Ost – Teil Rückbau‘ und dem KfW-Programm ‚Energetische Stadtsanierung‘ erschloss sich das Team noch weitere Handlungsfelder.

Neugestaltung der Freiräume

Im Rahmen der Quartiersarbeit und der verschiedenen Förderprogramme konnte in den letzten Jahren in Walperloh viel erreicht werden. Zu den sichtbaren Sanierungsmaßnahmen gehört der Abriss zweier Wohnblöcke sowie der Teilrückbau einiger Gebäude um kleinere, barrierefreie Bauten zu schaffen. Weiter wurden eine Gebäudezeile kernsaniert und einzelne Wohneinheiten modernisiert. „Mit dem Rückbau wollten wir vor allem dem damals herrschenden Leerstand begegnen. Der zusätzliche Effekt war, dass viele Bewohner plötzlich einen freien Blick ins Tal hatten“, nennt Hermann einen zusätzlichen Vorteil der Maßnahmen. Um weitere Freiräume im Quartier zu schaffen, entwickelte das Weimarer Büro 2018 ein entsprechendes Konzept. Schlüsselmaßnahmen darin sind die Sanierung der vorhandenen Spielplätze und die Beseitigung sogenannter Angsträume. „Das sind beipielsweise dunkle Unterführungen oder Stellen, die von Pflanzen zugewuchert sind“, macht Hermann deutlich. „Ziel war zudem, die Grünräume untereinander zu verbinden und damit die Aufenthaltsqualität im Quartier zu erhöhen.“

Bau eines neuen Stadions

Eine weitere Schlüsselmaßnahme in dem Freiraumkonzept ist der Bau eines Freizeit-, Sport- und Kommunikationszentrums. „Derzeit sind wir im ersten Bauabschnitt, bereits 2024 soll es fertig sein“, sagt Dominic Otto, der seit vier Jahren im Team des Weimarer Büros arbeitet. Zum Stadion zählen auch Räume für ein Quartiersbüro, Bürgerversammlungen und Veranstaltungen. Durch seine Lage am Eingang der Siedlung soll zudem eine neue Verkehrsverbindung zur Schmalkaldener Innenstadt geschaffen werden. Eine erfolgreiche Quartiersarbeit erschöpft sich indes nicht nur in der Verbesserung der Infratruktur. Es geht auch darum, den Zusammenhalt zwischen den Menschen zu stärken, die in der Siedlung leben. Ein wichtiger Teil der Arbeit des Stadtentwicklungsbüros sind daher soziale Projekte, die mit einem weiteren Städtebauförderprogramm finanziert werden. „Ich gehe regelmäßig zu einem Runden Tisch, wo alle ihre Probleme vorbringen können“, nennt Hermann ein Beispiel. „So haben wir das Ohr immer ganz nah an unseren Mieterinnen und Mietern.“

Über den Tellerrand schauen

Auch bei den jedes Jahr stattfindenden Stadtteilfesten ist das Weimarer Büro mit einem eigenen Stand vertreten. Dort zeigt sich, wie bunt und vielfältig Walperloh ist. „Deutlich wurde das auch bei einem Essen, zu dem wir Anwohnerinnen und Anwohner verschiedener Kulturen eingeladen haben“, sagt Hermann. „Unter dem Motto ‚Über den Tellerrand geschaut‘ wurden gemeinsam traditionelle Gerichte aus dem Heimatländern gekocht. Das war nicht nur spannend, sondern auch sehr lecker.“ Ebenso gelungen sind die zahlreichen Kunstaktionen im Quartier. So schufen Graffiti-Künstler Wandbilder, die nicht nur schön anzusehen sind, sondern auch eine Aussage besitzen. Eine besonders gelungene Sprühaktion konnte man einen Monat lang auf einer Straße im Wohngebiet bewundern: ein 3D-Fußgängerüberweg, bei dem Betrachtende das Gefühl haben, als würden die weißen Balken über der Straße schweben.

Notwendige Energiesparmaßnahmen

Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Entwicklung von Walperloh hin zu einer modernen Wohnsiedlung ist die energetische Sanierung der Plattenbauten, vor allem der Fassaden. „Gerade dort gibt es massive Energie- und CO2-Einsparmöglichkeiten“, betont Günther. In Verbindung mit der aktuellen Preisentwicklung der Wärmeversorgung mit Gas mittels Fernwärme seien große Belastungen für die Haushalte zu erwarten, warnt er. Ein energieeffizienteres Gebäude könne aber nicht nur die vorwiegend sozial schwachen Haushalte entlasten, sondern auch die Umwelt. Energiepotenzial sieht der Büroleiter zudem noch in den zahlreichen Dächern der Großwohnsiedlung, denn dort ließen sich Photovoltaik-Anlagen installieren. Sie könnten helfen, eigenen preiswerten Strom zu erzeugen. Günther: „Wir haben unsere Vorstellungen zur energetischen Sanierung von Walperloh in einer Kurzstudie zusammengefasst und im Auftrag der Stadt Schmalkalden beim Europäischen Fonds für regionale Entwicklung – kurz EFRE – eingereicht. Jetzt warten wir auf eine Rückmeldung des Landes Thüringen.“